Der Bodenmaiser Schachtenweg verbindet eine wunderbare Natur mit einer über 500-jährigen Tradition. Tauche ein in die Welt der Waldweiden!

Das Geläut von Kuhschellen und der Anblick weidender Rinder inmitten des Waldes sind heutzutage in Mitteleuropa fast nirgendwo mehr zu erleben. Auf den Schachten im Arbergebiet bei Bodenmais ist dies jedoch anders. Die Schachten sind Zeugen einer über 500-jährigen Tradition, artenreiche Offenlandflächen in den schier endlosen Waldgebieten und einmalige Aussichts- und Ruheorte in der Arberregion. Erfahre auf dem neuen Bodenmaiser Schachtenweg Wissenswertes und Hintergründe zum Leben der Waldhirten auf den Schachten, zu der Bedeutung für den Naturschutz und erlebe die lange, bis heute lebendige Historie.

Eine Frau liest eine Informationstafel bei einer Wanderung | © Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH

Infotafeln und eine App begleiten die Wanderung

Entstanden ist der Schachtenweg, auf dem zahlreiche Infotafeln inklusive Hör- und Videostationen die Geschichte und Besonderheiten der Schachten erklären, in Zusammenarbeit des Naturparks Bayerischer Wald mit der Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH sowie der Gemeinde Drachselsried. Gefördert wurde der Lehrpfad durch die Regierung von Niederbayern, Höhere Naturschutzbehörde aus Mitteln des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Zusätzlich zu den Infotafeln gibt es auch eine App zum Naturlehrpfad „Erlebnis Schachten“. Einfach die entsprechenden QR-Codes an den Infotafeln scannen oder erlebnisschachtenweg.de auf dem Smartphone öffnen und in die faszinierende Welt der Schachten eintauchen!

Eine Frau liest auf einer Informationstafel Infos zu heimischen Vögeln durch | © Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH
Eine Tafel mit QR-Code wird mit dem Handy eingescannt. | © Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH

Was sind Schachten eigentlich?

Schachten sind von Wald umgebene Offenlandflächen in den höheren Lagen des Bayerischen Waldes. Die Schachten sind nicht nur landschaftliche und kulturhistorische Kleinode, sondern auch Heimat zahlreicher bunt blühender Pflanzen. Daher wurde die Beweidung auf den Schachten schon früh als „Blumbesuch“ beschrieben. Insgesamt werden heutzutage noch rund 50 Hektar beweidet. Diese teilen sich in etwa 20 Hektar „Lichtweide“ und 30 Hektar angrenzende Waldbereiche auf.

Hier geht's zur Tour

Der Schachtenweg: Erleben kannst du die einzigartigen, idyllischen Schachten auf dem Bodenmaiser Schachtenweg. Diese anspruchsvolle, knapp 32 Kilometer lange Wanderung vereint die Schachten im Arbergebiet bei Bodenmais. Mit einer Übernachtung auf der mitten im Hochwald am Kleinen Arber gelegenen Chamer Hütte lässt sich die Tour auch gemütlich auf zwei Tage gehen.

Eine Jahrhundertelange Tradition Einblicke in die historische Entwicklung der Schachten und bis heute gelebte Bräuche

Wesentlich für die Entstehung der Schachten war das „Ewige Waldrecht“, aus dem sich später die Forstrechte entwickelten. Um den Bayerischen Wald mit seinen kargen landwirtschaftlichen Böden zu besiedeln, wurden die Siedler mit diversen Rechten angelockt. Bereits im Jahre 1345 wurde in der Erbrechtsurkunde den Siedlern des Bayerischen Waldes, das „Ewige Waldrecht“ gewährt. So war es Ihnen erlaubt: „den Wald auszulassen, Bauten zu errichten, zu roden (…)“.

Auf den Bodenmaiser Schachten war die Zeit des „Blumbesuchs“ jahrhundertelang exakt von 1. Juni bis 10. Oktober auf 132 Weidetage festgeschrieben. Heutzutage kann sich bei zeitigem Schneeabgang und warmer Frühlingswitterung der Schachtenauftrieb auf Ende Mai vorverschieben.

Den ganzen Sommer und Spätsommer lang lebten die Waldhirten abgeschieden auf den Schachten in kleinen, spärlichen Holzhütten. Da die meisten Waldweiden auf über 1.000 Meter Höhe liegen, waren die Hirten Wind und Wetter ausgesetzt. Ihr Lohn war die Verpflegung, bestehend hauptsächlich aus Brot und Suppe, selten ein „Sterz“. Dieser „Hüterschmarrn“ war das Festtagsessen und ein nahrhaftes Gericht aus Eiern, Mehl und Fett über dem offenen Feuer in der schweren, eisernen Stielpfanne zubereitet. Es schmeckte köstlich und rauchig. Von Zeit zu Zeit brachten Boten den Hirten frische Lebensmittel aus dem Dorf in den Wald.

 

Früher mussten die Waldhirten und Bauern mit wilden Bären und Wölfen rund um Bodenmais rechnen. So steht im Bergamtsarchiv Bodenmais Folgendes über Bärenangriffe für das Jahr 1748 geschrieben: „Gabriel Hof, Herrnmüller, welcher zwar 4 Rindl in Waldt geschlagen, davon aber hat der Perr (Bär) ains umgebracht und völlig aufgefressen“. 1757 haben die Bären 8 Stückl „totaliter zuschanden gericht und die mehrern davon afgezöhrt“. Auch gibt es zahlreiche Geschichten rund um Bodenmais, in denen Jäger Bären erlegen oder sogar ein Waldstier einen Bären gegen einen Baum erdrückt.

Die Hochzeit der Beweidung dürfte Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht worden sein. In dieser Zeit gab es die größte Anzahl an Viehbauern, die mit diesen Rechten ausgestattet waren. Sie werden daher auch Weiderechtler genannt. Waren es im Jahr 1848 in Bodenmais 112 Weiderechtler, sind ihrer heutzutage nur mehr drei.

 

Die Beweidung der Hochlagen des Bayerischen Waldes, insbesondere der Schachten, war im Laufe des 19. Jahrhunderts rückläufig. Die sinkende Nachfrage nach Zugtieren war ein wesentlicher Faktor für diese Entwicklung. Nach dem 2. Weltkrieg hielt die Technik im zunehmendem Umfang Einzug in die Landwirtschaft. Das System der Waldweide war durch die moderne Form der Landwirtschaft mit Maschinen, Düngern und anderen Hilfsmitteln nicht mehr notwendig.

Viehabtrieb 1963 nahe Kuhbrücke

Waldhirte am Mittagsplatzl 1953

Bodenmaiser Waldhirten 1960

Große Arberhütte 1901

Auf den Schachten wird heutzutage überwiegend niederbayerisches Fleckvieh aufgetrieben. Diese Rinderrasse ist gegenüber kalter, nasser Witterung robust, von der Kondition her ausdauernd und zäh sowie beim Grasangebot recht genügsam. Zudem ist es ruhig und gelassen. Genau wie ein richtiger Waidler eben. Die Herde auf den Bodenmaiser Schachten besteht überwiegend aus zwei- bis vierjährigen Jungstieren. Zwar ist hier in Mundart stets die Rede von Stieren, gemeint sind damit aber kastrierte Rinder, sprich Ochsen. Diese wurden früher für die schwere Arbeit als Zugochsen am Hof und auf dem Acker eingesetzt. Mit dabei in einer Herde ist zudem ein kräftiger Ochse als „Leitstier“.

Mit der Weidewirtschaft sind zahlreiche Bräuche in Bodenmais verbunden. So war der Schachtenauftrieb und -abtrieb ein großer, geschäftiger Tag im Ort. Vor allem die Rückkehr wurde ausgiebig gefeiert. So ist der Brauch des Wolfauslassens in Bodenmais, welches stets an Martini am 10. und 11. November stattfindet, eng mit den Weiderechtlern und Hirten verbunden.